Steuern nach dem Ausnahmeprinzip
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Dies ist eine Ausdruck, den PRINCE2®-Neulinge wahrscheinlich noch nicht gehört haben. Da das Verständnis wichtig ist, hier zunächst ein Beispiel und dann die PRINCE2®-Definition. Wenn es auf Faktoren wie Zeit, Kosten und Umfang ankommt, hat der Projektmanager gewisse Spielräume, genannt Toleranzen, zur Verfügung, bevor er das Projektboard zu möglichen Problemen informieren muss (z. B. dass Kosten sich um ±10% verändern könnten). Falls das Problem gering ist und innerhalb der Toleranzen bleibt (etwa bei einer Kostensteigerung um 2% – innerhalb der 10%-Toleranz), kann der Projektmanager das Problem weiter verfolgen, er muss nicht das Projektboard alarmieren und dessen Zeit beanspruchen. Die Details zu diesem Prozess sind im Thema Progress EN weiter ausgeführt.
Steuern nach dem Ausnahmeprinzip wird von jeder Ebene in der Projektorganisation angewendet, um die jeweils darunter liegende Ebene zu managen. Die jeweils untere Ebene sollte das Management der darüberliegenden Ebene nur informieren, wenn es sich um gravierende Vorkommnisse (Issues) handelt, die vereinbarte Toleranzen überschreiten. Der PRINCE2®-Begriff für ein derartiges Issue ist Ausnahme, d. h. ein Issue befindet sich außerhalb seiner Toleranz.
Nun stellen wir uns vor, wir wären Teil eines Projektboards. Wenn alles gut läuft, hören wir vom Projektmanager lediglich anläßlich der regelmäßigen Berichte während und zum Ende einer Phase, außer in Ausnahmen, daher der Begriff Steuern nach dem Ausnahmeprinzip. Wenn eine Ausnahme eintritt, sendet der Projektmanager einen Exception Report EN and das Projektboard.
Die PRINCE2®-Definition für Steuern nach dem Ausnahmeprinzip lautet wie folgt: Ein PRINCE2®-Projekt hat definierte Toleranzen für jedes Projektziel, um die Grenzen delegierbarer Autorität zu etablieren.
PRINCE2® kennt dazu sechs definierbare Toleranzen, diese sind:
- Zeit
- Kosten
- Qualität
- Umfang
- Risiko
- Nutzen
Hier einige Beispiele für Qualität, Umfang, Risiko und Nutzen – Zeit und Kosten sind sicher vorstellbar:
- Toleranz für Qualität: Die Bedientastatur für ein neues Mobilgerät soll eine Haltbarkeit von sieben Jahren aufweisen – ±5%.
- Toleranz für Umfang: Für dieses neue Mobilgerät gibt es weitere Anforderungen, zwingende und optionale. Daher muss das Projekt entscheiden, welche optionalen Anforderungen erfüllt werden sollen, aber die zwingenden Anforderungen muss es unter allen Umständen erfüllen.
- Toleranz für Nutzen: Ein Nutzen ist eine messbare Verbesserung aufgrund des Projekts für einen oder mehrere Nutznießer, also z. B. Anwender, Interessenten oder Beteiligte im Projekt. Konkret kann das die Erhöhung eines Marktanteils oder die Erschließung eines neuen Marktsegments sein. Eine durchgängige Frage im Projekt ist daher: „Ist das Projekt nach wie vor auf Kurs, um die Nutzenerwartung zu erfüllen?“
- Toleranz für Risiko: Bleiben wir bei dem neuen Mobilgerät, und den dafür definierten Risikotoleranzen: Hört man etwas, was diese Toleranzen übersteigt, ist das Projektboard zu informieren. Konkrete Lieferengpässe für Komponenten wie Einbaukameras mit passenden Einbauspezifikationen sind derzeit weltweit ein Problem, dies kann viele größere Probleme für das Projekt bedeuten.
Zusammenfassend stellt das Steuern nach dem Ausnahmeprinzip einer höheren Managementebene ein System zu Management und Kontrolle der darunterliegenden Ebene bei, und so wird die höhere Ebene nicht mit den vielen kleineren Belangen der niedrigeren Ebene belastet.